Tagebuch Teil 4

 

Tagebuch

Dienstag, 16.7.91

 

12 Uhr, ich bin im Bauwagen. C. sitzt gegenüber, sie macht mir Vorwürfe, ich würde mich nicht genug um sie kümmern. Für andere, die dagewesen sind, zeige ich Verständnis und Hinwendung. Ich sagte ihr, daß ich mich um die anderen kümmern wolle, unsere persönlichen Dinge sollten jetzt nicht im Vordergrund stehen, da die Stimmung, wie jetzt am Tisch, nicht dazu beitrage, offen für andere da zu sein. Sie gab keine Ruhe, ich habe das Schreibheft ( Buch ) genommen, den Bleistift und bin hoch an den Tisch. Kaum sitze ich hier, schon kommt sie hinterher. Es geht weiter ! Sie ist stur, will mit dem Kopf durch die Wand. ( wo sind die Wände ?) Egal, was ich sage, es ist falsch. Nun kommt sie in den Wagen : „ Ich will nicht, daß Du wegläufst “, sagt sie. Mir geht das nun wirklich an die Nerven ! Ich will Ruhe haben, weiter schreiben, über gestern, was da war, noch einmal nachdenken, das fortführen, wie ich es mir in diesem Heft vorgenommen habe. R. kam vorbei, er will noch in die Stadt, er komme später wieder. Er fragte, ob er heute Nacht auf der Skulptur bleiben solle ? Ich antwortete, daß wir abwarten sollten, wie das Wetter wird.

 

Gestern Nachmittag kam noch ein Bekannter von R. Er erzählte, was mit einigen Jugendbanden hier in der Gegend los ist. Fast tausend Mitglieder würden die zählen, noch vor kurzem gehörte er einer an. Er habe eine Freundin, die nicht will, daß er da weiter mitmache. Vor einiger Zeit sei noch ein Mitglied tot im Rinnstein gefunden worden. Die Vermutung haben sie, daß er von den Gegnern aus H. umgebracht wurde. Er war abends alleine, das war sein Fehler ! Die meisten sind mit Messern bewaffnet und bereit dazu, wenn es zur Auseinandersetzung komme, sie zu gebrauchen. „ Ich selbst bin vorbestraft “, sagte er, da er jemanden mit dem Kopf durch eine Scheibe gestoßen habe ... Wie er, so meinte auch R., steige das Aggressionspotential ständig. Sie wüßten nicht, wie man sich dagegen wehren könne, denn er, R. befürchte, daß die Neo - Nazis etc. immer mehr Oberhand gewinnen und von außen - der Polizei, den Menschen, kaum etwas dagegen unternommen werde ! „ Ich habe Angst, doch sollte ich bedroht werden, dann wüßte ich, wie ich zu handeln habe ; ich würde schießen ! “, meinte R.

 

Clarissa kam abends vorbei, die sich noch zu R., Christa und mir mit in den Wagen setzte. Sie versuchte R. klar zu machen, daß es wichtig sei, Gegenkräfte zu stärken, positiv zu denken und sich nicht auf diese Aggressionen einzulassen, - auch im Denken nicht ! Da die Gewalt R. so beschäftige, habe das auch was mit ihm zu tun, darüber solle er sich doch einmal Gedanken machen. Sie habe für sich herausgefunden, wie wichtig es sei, eine positive Einstellung zum Leben zu bekommen ; da habe sie vieles durchgemacht, durchlitten, doch habe sie Kraft gewonnen ! R. meinte, das sei viel zu egoistisch gedacht und sie wolle ja nur das, was an Gewalt da ist, verdrängen . „ Du siehst nicht die Gefahr, die auch auf Dich zukommen könnte ! “ Man müßte an die Einzelnen heran, da sind sie schwach - und eventuell ansprechbar, nicht in der Gruppe. Da fühlen sie sich stark, da kann man sich ihnen nicht nähern. Aber, es sei wichtig, positiv zu Denken !

 

Mir gelang es, damit sie im weiteren Gespräch nicht aneinander vorbeiredeten, sie etwas zu beruhigen, da R. laut und heftiger reagierte - und beiden verständlich zu machen, daß mich beide Seiten nachdenklich gestimmt und was sie sagten, bedacht werden sollte. Clarissa, die noch jung ist, brachte sehr gute Ansichten ; Sie ist für ihr Alter sehr weit und scheint vieles genau zu durchschauen.

 

Ich lernte sie das erste Mal kennen, an dem Abend, der Nacht, als wir bis um 3 Uhr in der Früh auf der Luminata saßen. Als ich sie gestern fragte, weshalb sie nicht schon eher wieder hier vorbei gekommen sei, antwortete sie, sie hätte über so vieles nachgedacht, was an dem Abend besprochen wurde, das habe sie alles sehr beschäftigt ! Ich sagte ihr, daß sie mir - und uns, damals sehr viel gegeben habe, daß ich es ganz prima gefunden habe, was sie erzählte - und daß ich mich sehr darüber freue, daß sie wiedergekommen sei ! „ Wirklich “? fragte sie lachend. „ Ja, ganz bestimmt ! “ Im Wagen sagte sie, ob sie mir eine Frage stellen dürfe ? Ich hätte damals etwas erzählt, von meinem Erlebnis, dazu wolle sie mich noch etwas fragen, das habe sie in den vergangenen Tagen sehr beschäftigt, darüber habe sie nachgedacht. Ich erzählte ihr, was ich vor vielen Jahren erfahren hatte, von dem Austausch an Wärme, geistiger Wärme und daß ich diese Kraft, diese Energie, diesen Austausch, als einen Austausch an LIEBE erlebte.

 

Das hat mein Leben stark geprägt, jahrelang habe ich darüber nicht gesprochen, da ich wußte, daß ich behutsam und verantwortungsvoll anderen Menschen gegenüber damit umzugehen habe. Heute sei die Zeit dazu, die Entwicklung vieler Menschen reifer geworden, sodaß ich darüber, hin und wieder, gesprochen habe. In „ verschlüsselter Form “ sind seit vielen Jahren Hinweise in meinen Skulpturen enthalten, wie auch hier, bei den Aktionen auf dem Schiff. Der Sonne, wie der Erde, kommt dabei eine besondere Bedeutung zu ! . Vor langer Zeit sei ein Wesen von der Sonne zur Erde hinunter gestiegen, nun sehr mit der Erde verbunden, als Jesus Christus ist es uns bekannt. Je weiter wir fortschreiten, tief in uns blicken und daraus schöpfen, werden Menschen dem Ereignis, das vor fast zweitausend Jahren geschah, näher kommen ( können) und Christus als ihren Begleiter erfahren. Das will ich für jeden offen lassen, freilassen, das ist ja etwas, auf das ich keinen Einfluß habe und nehmen möchte - doch ist nun mal mein Weg so verlaufen, daß ich diesem ganz besonderen Ereignis von damals - sehr viel beimesse und mich weiterhin intensiv damit befasse. Wir sollten es lernen, Kräfte zu entwickeln, die in uns stecken, die durch intensive Suche, Forschung uns erkennen lassen, daß wir sowohl dieser, wie auch jener Welt zugehörig sind, die nicht getrennt voneinander, vielmehr geheimnisvoll miteinander verwoben sind. Was ist nun mit der Sonne, so, wie sie da oben zu sehen ist ? Was ist ihr inneres Wesen ? Was war es, das mir begegnete, das ich erfahren durfte ? Diese Fragen waren da, ich trug das, was ich erlebte, mit mir, behütete es als ein Geheimnis, ich spürte, daß noch einige Zeit vergehen müßte, bis sich das für mich offenbarte, was mich angesprochen hatte. Ich machte etwas durch, ich nenne das - „ Einen geistigen Verdauungsprozeß “. Dieses Erlebnis hatte mir Kraft gegeben, mein Leben außerordentlich bereichert, ich bin seitdem - „ zuversichtlich “ geworden. Ich sprach davon : „ Ich bin ein zuversichtlicher Künstler ! “ Grenzen, die zuvor schon durchlässig geworden sind, sind dadurch überwunden worden.

 

(Siehe: "Ein Parallelprozeß". Sonne-Michael-Christus)

 

Als ich mich zu dieser Aktion : „ Open blue line, two flames and a golden sign “, entschlossen hatte,fühle ich mich seit dem der der Christlichen Gemeinschaft verbunden. Freiwillig, nicht unter kirchlicher Bevormundung, die ich ablehne. Es darf keine Institution geben, die Menschen das eigenständige Denken und Handeln verbieten würde, wenn sie die Macht dazu hätte. Aus uns heraus, individuell - sollten wir Menschen die entsprechenden Fragen stellen, uns auf die Suche begeben, uns nicht dem eigenständigen Denken entziehen, sein eigenes Ich nicht fremdbestimmen lassen ! Also : Forderungen an sich stellen, neugierig auf das Leben sein, in sich graben, um später ernten zu können und die Früchte, sind sie im Überfluß, an andere verteilen , - wie auch zu lernen, sie von anderen Menschen anzunehmen. Das Geben, das Schenken, das wird auf Geistigem Gebiete bedeutsam sein. Andere teilnehmen lassen an dem Gewinn, ihnen geben, damit sie nicht bedrückt, alleingelassen, orientierungslos durchs Leben gehen. Wir Menschen sind uns, das wird doch immer deutlicher, ein jeder dem nächsten viel näher, als wir das heute vielfach noch vermuten. Und die Gewißheit wächst, daß wir nicht nur auf diesem „ Boden Erde “ stehen, vielmehr in kosmische Weiten eingebunden sind und daß unserem „ Mensch - Sein “ ein geistiges Fundament zu Grunde liegt.

 

Spät am Montag Abend kam noch ein Direktor mit seiner Familie zur Skulptur. Am Nachmittag hatte ich schon mit ihm gesprochen. Er sagte, daß er damals, bei dem Ausstieg aus der Luminata Alterna, am 5. Mai, dabeigewesen ist. Er komme aus dem Urlaub und wolle mal sehen, wie weit das hier sei . Aus der Zeitung habe er einiges erfahren, doch sei ihm vieles nicht klar geworden.

 

Abends, bei dem Gespräch, war noch ein älterer Mann dabei, ich dachte, sie gehören zusammen. Das war nicht der Fall. Der fragte mich : „ Weshalb ich denn die Skulpturen versenke, wieviel Geld kosten die denn ? Das sei doch Quatsch, die solle ich dann doch lieber behalten, so habe ich doch nichts davon, es wäre doch besser, dann etwas zu versenken, was nichts koste.

In der Nazizeit sind auch Schätze versenkt worden. Und mit dem, was ich da tue, damit gebe ich den Menschen doch garnichts, dann ist es doch besser, ich würde die teuren Skulpturen jemanden schenken ! Was kosten die denn überhaupt ? “ - Kurz danach war er verschwunden.

 

Ich fragte die Familie, ob sie einsteigen, hinuntersteigen wollen ? Der Vater, die Tochter, der Sohn stiegen der Reihe nach ein, der Sohn war sehr schnell wieder oben, kurz danach ging er nach Hause. Er studiere, sagte die Mutter auf meine Frage, Antropologie. Die Tochter sei in K., Designstudium. Ihre Mutter schien sehr interessiert daran zu sein, zu hören, welche Gedanken, Intentionen mich bewegen, solch eine Skulptur herzustellen und diese Aktion durchzuführen. Sie wisse, daß das, was ich hier mache, auf sehr viel Unverständnis stoße, doch sei sie, nachdem wir uns unterhalten hätten, dankbar dafür, daß sie nun besser Bescheid wisse ! Sie wundere sich darüber, daß diese Skulptur überhaupt nach Recklinghausen kommen konnte und meinte, daß davon wohl noch lange Zeit gesprochen wird.

 

Die „ Frau mit Hund “ begrüßte mich soeben in der Tür. Sie war sehr freundlich, sagte, daß noch nichts im Fernsehen gewesen sei über die Skulptur, wobei sie sicherlich auch an ihren Hund dachte, der gefilmt wurde.

 

R. kam noch kurz vorbei, der nach Hause wollte, zu seiner Mutter. Heute Abend, gegen 23 Uhr will er kommen und wachen. In der früh telefonierte ich mit Goggi St., dem Fotografen, der damals Fotos vom Feuerrad machte. Wenn es bei ihm zeitlich klappt, will er heute Abend vorbeikommen, sich die Luninata ansehen und morgen Fotos machen. Bis jetzt habe ich keine Fotos, die am Abend - mit Licht, aufgenommen wurden. Später, für den Katalog, könnte ich sie dann verwenden. C. läßt sich nicht blicken, sie ist beleidigt. Wie es zuvor war, so konnten wir nicht weiter kommen. Da ist es gut, daß wir Abstand halten.

 

Es ist jetzt 16 Uhr, ich habe in Herten angerufen und nachgefragt, ob eine Nachricht vom Kapitän kam. Nein ! Er denkt wahrscheinlich wie ich : Die Spannung ist größer, wenn vor dem entscheidenen Telefonat nichs passiert. Ich gehe davon aus, daß er, wie geplant , am 19. Juli die Stelle erreicht, die er in die Seekarte eintrug. Ab 14 Uhr werde ich am Freitag in der Kunsthalle sein und gegen 15 Uhr wird wohl sein Anruf kommen. Ein Telefax schicke ich morgen zu Eduardo, damit er nicht unruhig wird. Das Datum habe ich ihm zuvor schon durchgegeben.

 

Das Wetter ist heute, nach wie vor, mäßig, es steht „ kurz vor dem Regen “. Das Feuer brennt, ich behalte es im Auge, sehe den Rauch aufsteigen, blicke nach draußen, zum Stahlwinkel, durch die offenstehende Tür. Ich bin ganz froh darüber, daß ich ab Freitag in Haltern im Haus sein werde. Es war anstrengend hier ; Es hat mir viel gegeben, mit Menschen zusammen zu sein, mit ihnen zu sprechen. Wenn eine gewisse Zeit vergangen ist, wird mir das wohl noch bewußter werden. Am Montag soll der Bauwagen abgeholt, mit einem Kran auf einen LKW verladen werden. Auf der Luminata Alterna bleibt der Winkel. Alles andere, das Holz, das Gitter um den Einstieg, der rostige Stahltisch mit den vier Hockern, - gehen zurück in einen Abstellraum. Ebenso die fünf drehbaren runden Stahlplatten, auf der einen Seite blank geschliffen, die hinter den Strahlern stehen und abends, wenn die Sucher an sind, deren Licht reflektieren. Heute ist es ruhig , es kommen wenige Menschen vorbei. Der kleine Junge mit seinem Rad war hier, er will später wiederkommen. Ich gab ihm Geld für ein Eis, das er sich kaufte, zurückkam und erzählte, er habe es unterwegs, auf der Straße, verloren. „ Platsch ! - Es ist hingefallen, ich habe nichts mehr davon essen können ! “ Wenn er wiederkommt, dann sollten wir einen erneuten Versuch starten.

 

Meine Gedanken gehen so langsam zu der „Ruhrskulptur “ nach Dortmund und ich warte auf Nachricht von Klaus, daß die schriftliche Genehmigung vorliegt. Außerdem müßte ich mal darüber nachdenken, was ich für Herne, im September, gestalten will, für die Ausstellung in der ehem. Zeche, an der sich mehrere Künstler beteiligen.

Den Titel habe ich Christoph S. bereits mitgeteilt :

„ Aktion mit 50 Bürgern und Regenwürmern “.

Einen genauen Plan, für eine Skulptur ? - habe ich noch nicht. Ich werde mich nach dem Titel richten, etwas gestalten, das Sinn ergibt. Es soll kein Jux werden, was nicht heißt, daß es nicht auch mit Humor gehen könnte. Davon ist sowieso zu wenig da. Ich werde mir gleich ein anderes Heft nehmen. Für heute habe ich genug geschrieben. Wie ich sehe, ist es in diesem Buch die letzte beschriebene Seite, noch nicht,- aber jetzt !

 

Mittwoch, 17. 7. 91


Es ist 10 Uhr, im Bauwagen sitze ich am Tisch. Gestern kam Martin, er machte Fotos. Peter rief im Bürgerhaus an, er wolle mit Angelika abends gegen 22 Uhr da sein und noch einige Fotos machen. Er brachte Dias mit, die er vom Schiff in Hamburg, vom Kapitän und mir, gemacht hatte. Karin und Bruno kamen mit. Goggi St. kam aus Essen mit Freundin und einem Bekannten. Sie sahen sich bei Nacht die Luminata an. Heute will G.St. kommen und vom Dach des Bürgerhauses die Skulptur fotografieren. Die Nacht hatten Christa und ich im Auto verbracht, bis ca. um 5 Uhr früh, da in der Nähe mehrere Jugendliche ? auf der Wiese waren. Es hörte sich so an, daß sie unter reichlichem Alkohol standen. Nachdem, was uns erzählt wurde, hielten wir es für besser, vorsichtig zu sein. Doch am Bauwagen, den wir von innen nicht abschließen konnten, oder auf der Skulptur, geschah nichts.

 

Gerade steht ein älteres Ehepaar oben auf der Luminata, sie schimpfen wie die „ Rohrspatzen ! “ „ Das stinkt hier wie die Pest ! “, schreit sie und hält dabei ihren Kopf in den Rauch. Sie gehen am Wagen vorbei, sie ruft : „ So was bescheuertes ! “ Gestern stand jemand auf dem Weg vor der L. A. mit puterrotem Gesicht, kam aber nicht nach oben, deutete uns mit Handzeichen an, was er von dem ganzen hielt. Wir dachten, er gehe vor Wut gleich in die Luft !

 

Was ich hier erlebt habe ist, daß ein erschreckend hohes Maß an latenter Aggression in der Luft liegt, die sich teilweise, angestoßen durch die Skulptur, breit macht. Eigentlich waren es wenige Menschen, die bereit dazu waren, sich intensiver damit zu befassen. Die meisten urteilten aus dem Bauch heraus, ließen ihrer Wut freien Lauf. Wenn ich daran denke, was uns politisch noch alles „ ins Haus steht “, bin ich mir sicher, daß es Grund genug gibt, auf der Hut zu sein ! Ich denke an die ehem. „ DDR “, mit den abertausend Stasi - Leuten, an die Nazi - Zeit, an diejenigen, die mitgezogen sind.


Einträge in einem anderen Buch.

Sonntag,den 21. 7. 91

RE - Süd, im Bauwagen, 14 Uhr.

 

Soeben verabschiedete sich Frau B. mit dem Hund „ Franzel “ von mir. Sie fahren ins Sauerland und werden mich später nicht mehr antreffen. Es sei für sie schön gewesen, mich kennen gelernt zu haben, es war für sie sehr interessant. Ich bedankte mich für die damalige Einladung zum Grillen und bat sie, schöne Grüße an die Familie auszurichten. Gestern, am Samstag, kamen F.U. mit seiner Frau vorbei. Sie stellte mir Fragen zu der Aktion, F. hielt sich mehr zurück. Katharinas ehemalige Lehrerin mit ihrem „ Gefährten “ besuchten mich. Frau K. Sie habe durch ihren Freund, Herrn ..erfahren, was in den Zeitungen darüber berichtet wurde und wollte vorbeisehen. Evtl. kämen sie demnächst noch einmal, am Abend, um die Skulptur mit Licht zu sehen. Gegen 19 Uhr sind Christa und ich zu Karin , Ingo und Oskar gefahren, wo wir zusammen mit Angelika und Peter zum Essen eingeladen waren. R. paßte hier auf und gab acht, daß Holz für das Feuer nachgelegt wurde. Mit P. besprach ich einiges , wie wir evtl. einen Katalog gestalten sollten, daß wir erst einmal sehen, welche / wie viele Fotos wir verwenden wollen, um einen Überblick über Kosten usw. zu bekommen. ( Anmerkung : Bis heute, 2001, ist es noch nicht möglich gewesen, einen Katalog herzustellen ) Morgens kam Herr J. vorbei und wollte mich sprechen. Christa sagte, daß er noch einmal kommen wolle.

 

Ich war in Bochum, um mich zu waschen. Als wir zurückkamen , war R. im Bauwagen und auf der Skulptur standen Malika mit ihrer Freundin. Sie studiert bei den Anthroposophen in Witten Eurythmie, seit 2 Jahren. Sie erzählte uns einiges über ihren Lebensweg, Studium, Beginn mit Medizin, Herdecke und habe dann das gefunden, wonach sie gesucht habe, - die Eurythmie. Wir setzten uns auf die Luminata Alterna an den Tisch. Es war 23 Uhr, die Strahler, das Lichtzelt zeichnete sich, je dunkler der Himmel wurde, klarer ab. Wieder war diese intensive Athmosphäre da, - was sich sogleich auf die Gespräche auswirkte, in der sich jeder von uns geborgen fühlte, was sich in der vertrauensvollen Hinwendung zueinander zeigte.


Vier jüngere Leute standen unten vor den Monitoren ; Sie schienen neugierig zu sein, was sich wohl da oben abspiele, doch trauten sie sich nicht zu uns hinauf zu kommen. Ich fragte sie, ob sie Interesse haben, zu kommen, dann könnten sie das im Original sehen, was sich ihnen unten, auf den beiden Bildschirmen, zeige. Sie kamen hinauf - und das führte zu einem langen Gespräch mit ihnen. Zuerst waren sie mehr abweisend der Skulptur gegenüber, skeptisch, was es mit der Aktion etc. auf sich habe. Sie hätten davon gehört, auch darüber gelesen, doch fragte mich eine der beiden jüngeren Frauen, ob das denn überhaupt Kunst sei ? Für sie sei es das nicht ! Ich fragte, ob sie einmal hineinsteigen wollen, was alle vier, zum Teil nach einigem Zögern und Bedenken, dann doch taten. Ihre Eindrücke waren unterschiedlich, ebenso die Dauer, die sie unten einzeln verbrachten. Einer der beiden Männer stand anschließend lange an die Absperrung gelehnt und blickte nach unten in den Raum, - um sich, zum Himmel - und wuchs mit seinen Empfindungen immer mehr hinein, bis er schließlich zu den anderen sagte, die noch mit mir im Gespräch waren, daß ihn das beeindrucke, was er hier sehe und daß er sich nicht vorgestellt habe, wie das auf ihn wirken würde. Er war sehr nachdenklich, beteiligte sich kaum an dem Gespräch und ging später mit den anderen weg, die sich bedankten und sagten, daß es für sie sehr beeindruckend gewesen sei. Wir sprachen fast eine Stunde miteinander, die anderen unterhielten sich am Tisch.

 

Jedesmal hatte ich erlebt, daß niemand, der für längere Zeit auf der Skulptur war, in der Skulptur, nach Gesprächen, so ging, wie er kam. Das stellten wir alle fest, daß sich da was bewegte, ein Anstoß gegeben wurde, daß Veränderungen stattgefunden hatten, über die der jeweils Einzelne nachdenken wird und sie / ihn - vielleicht auch andere Objekte mit größerer Sensibilität finden und begegnen läßt. Diese Skulptur, - so der Eindruck von Malika, die nun schon einige Abende hier war, aus Sonneborn, oder von Witten kam und Gespräche mit anderen darüber führte, - erfülle eine soziale Funktion, gliedere die Menschen ein, ohne sie festzuschreiben, zu bestimmen, doch sie habe durch die Intensität, die sie ausstrahle, eine außerordentliche Wirkung auf die einzelnen Menschen, die sich in ihr, auf ihr, mit ihr bewegten. Hier werde keine Skulptur von außen angesehen, vielmehr trügen die Menschen, die anwesend seien, ihre Eigenständigkeit mit ein. Sie fühle sich geborgen, aufgehoben.


Aus dem Bürgerhaus kamen gegen 2 Uhr früh mehrere von einer Feier. Wir standen jetzt am Bauwagen und hörten, wie sie über den „ Künstler “ herzogen. Christa, Malika und ihre Freundin mischten sich ein. Eine der Frauen sagte zu ihrem Mann : „ Komm, mit denen da reden wir doch garnicht ! “ Jemand von ihnen : „ Im nächsten Leben, dann werde ich auch Künstler, dann habe ich es gut !“, worauf ihm Christa antwortete, daß er dann aber noch hart an sich arbeiten müsse ! Sie scheinen zu meinen, daß wir uns im Bauwagen, auf der Skulptur, auf Kosten der Stadt, zumindest auf Kosten anderer, schöne Tage machen. „ Denen wird doch alles bezahlt “, das - wollen - sie denken, um etwas zu finden, damit sie endlich ihre gestauten Aggressionen los werden. Das ganze hier beschäftigt sie sehr, doch fehlt ihnen der Wille, sich die Skulptur aus der Nähe anzusehen, den Mut dazu, den haben sie nicht. Da bleiben sie lieber unter sich, da sind sie sich gewiß, daß diejenigen, mit denen sie zusammen sind, genauso denken und daß dieser Künstler da sowieso bekloppt ist und Mann / Frau sich ja nicht mit dem einlassen sollte ! Nach und nach, das ist zu erkennen, werden sie bald mit einigen anderen konfrontiert, die hier waren und es nicht zulassen, daß in ausschließlich abfälliger Weise gesprochen wird.

 

Am Dienstag bauen wir alles ab. Die Monitore schalte ich aus, auf der Skultur wird nur noch der Stahlwinkel, ausgemessen nach Buenos Aires hin, bleiben. Der Bauwagen sollte am selben Tag aufgeladen werden, sodaß alle Spuren beseitigt sind. Manchem wird es leer vorkommen, zufrieden werden sie auch dann nicht sein. Und Gespräche darüber, die sind noch nicht beendet. „ Dann hätte er doch gleich alles abbauen, mitnehmen sollen, die ganze Skulptur aus der Erde heraus, aber er läßt sie stehen, diesen Scheiß, direkt vor unserer Tür ! “ ( Anmerkung: Jahre später wollte der Kulturausschuß von Recklinghausen die gesamte Skulptur entfernen. Vom dam. Stadtdirektor war bereits der Beschluß gefaßt, Teile abzureißen ! Das konnte im letzten Moment verhindert werden .)


In der nächsten Woche werden sie noch was zu lesen bekommen, in ihren Zeitungen, von der Aktion und dem Gespräch in der Kunsthalle, wenn ich das „ Zeichen “ male und noch etwas dazu sagen werde, was Ansichten zu Menschen betrifft, wie meine eigene Ausrichtung zum Leben ist, etc. Ich hoffe, daß einiges von denen, die darüber schreiben, aufgefangen wird. Nach den Eindrücken, die ich habe, bin ich mir gewiß, daß ich verstärkt auf Menschen zugehen werde und hoffe, daß ich etwas dafür tun kann, daß die Isolationen untereinander weniger werden. Daß ich mich dazu entschloß, „ IGADiM “ zu setzen, um dadurch meine Hinwendung, auch mein „ Programm “ deutlich zu machen, mich gleichzeitig freiwillig mehr in die Pflicht zu nehmen, verantwortungsvoller zu werden, sozialer eingestellt zu sein im Denken und in der Tat, das will ich deutlicher ausgestalten. Ich will dazulernen und was geben. Mit dieser Skulptur, an der ich nichts verdient habe, Geld meine ich, für die ich - im Gegenteil, viel draufgezahlt habe, hoffe ich, daß sie eines Tages als ein Geschenk verstanden wird. Ein Geschenk aus der Kunst heraus. Was hier geschaffen wurde, mit den Aktionen, die ich plante, mit der Hilfe vieler Menschen, das ist das, was ich heute geben kann ! Sehr viel Energie habe ich da hineingebracht. Meine Zuversicht im Leben - und darüber hinaus, ist gestiegen, so schwierig und auch gefahrvoll es ist. Ich bin interessierter geworden - auch darauf, was nach dem Tod sein wird. Ich will noch vieles entdecken, in mir, außerhalb. Wenn ich gefragt würde ( mich fragte ) ob ich erneut hinunter will auf die Erde, dort,( wo wir leben nach dem Tod ) so bin ich mir heute und hier gewiß, daß ich dazu „ ja “ sagen werde. Nachdem hier unten einige Zeit verstrichen ist. Ich möchte mithelfen, die Erde - mit den Menschen, liebenswerter und deren Herzen „ leuchtender “ zu machen, möchte dabei sein, wie diese noch „ dunkle “ Erde durch die großen Fähigkeiten und einem würdevollen Miteinander der Menschen im Kosmos hell erstrahlt ! Schauen wir genauer hin, erkennen wir, daß das die Bestimmung ist, die auf uns und die Erde wartet. Diesen Planeten Erde, dieses große Kunstwerk, zu einem ganz besonderen Planeten hinaufzugestalten - gemeinsam, durch die Fähigkeiten jedes einzelnen, ihn zum Planeten der Liebe zu erheben ! Das wurde von einigen erkannt und das wird vielen mehr und mehr zu Bewußtsein kommen. - Danach können wir höher steigen.


 

Montag, den 22.07.91

 

Ich sitze wieder auf der Luminata Alterna, das Wetter ist sonnig, ein schöner Abschlußtag für diese Aktion.

 

Es ist ca.12 Uhr, in Herten habe ich ein F.S. Schreiben übersetzen lassen, das gegen 16 Uhr nach Buenos Aires zu Eduardo hinausgehen soll. Die Zeit, das Feuer in B. A. ausbrennen zu lassen, die habe ich mit 11 Uhr angegeben. Falls mir der Kapitän bis dahin ( 16 Uhr ) noch per F.S. Nachricht gibt, daß sich etwas geändert hat, denke ich, daß mich dann heute noch in Herten seine Mitteilung erreicht. Sonst bleibt es für morgen dabei - daß er mich gegen 16 Uhr in der Kunsthalle anruft. Ich benachrichtete den Kapitän, daß er am Dienstag, den 23. 7. 91- im Zenit der Sonne ( 12 Uhr ) die Aktion mit der Goldscheibe durchführen sollte. Er wird die Anstecknadeln an die Besatzung ( Passagiere ) verteilen, - die Bronzeschale, die Goldscheibe und die Kanne, mit der zuvor Meerwasser geschöpft wurde, sie kommen in die Stahlkiste, auch das weiße Tuch - und bevor die Kiste mit dem Inhalt im Atlantischen Ozean versenkt wird, ruft mich der Kapitän, über die Sondernummer, in der Kunsthalle RE an. Er braucht Zeit, sodaß sein Anruf gegen 16 Uhr hier erfolgen wird. Auf dem Schiff wird es dann 1Ur Mittag sein, in Buenos Aires 11 Uhr in der Früh. ( - 5 Stunden, Sommerzeit )

 

Mir gefällt es gut, hier oben zu sitzen, in der Sonne. Die Tage, nun schon zweieinhalb Wochen in RE - Süd, gingen in den letzten Tagen etwas schleppend dahin. Leid bin ich die „ ewig langgezogenen Gesichter “, in denen der permanente Vorwurf geschrieben steht, die an dem Bauwagen vorbeiziehen und zu mir, auf der Skulptur, hochblicken. Um mich herum fahren die Autos, recht betriebsam und ich sitze hier wie auf einer Insel. Ein Hund pinkelt wieder an den Wagen, Frauchen steht abseits und scheint damit einverstanden zu sein. Er ist nicht der erste, dieser Hund - eben auf diese Weise machen sie mir klar, was sie, ihre Frauchen und Herrchen , von diesem ganzen Mist hier halten ; womöglich haben sich inzwischen auch ihre Hunde - deren Ansichten zu eigen gemacht. Was mich erschreckt ist, daß ich in Gesichter blicke, wobei ich das Empfinden habe, daß ihnen jeder eigenständige Gedanke fast zuwider ist. Ihnen scheint es nicht die geringste Freude zu machen, - zu Denken. Es gibt wohl so etwas, das man „ Denkfaulheit “ nennen muß.

 

Es ist bestimmt wichtig, wenn Anstöße von außen kommen, doch ohne eigenes Zutun wird es nichts nützen. ( Sie zu verdauen.) Wer sich ständig treiben, locken, verführen läßt und nicht erkennt, daß er / sie sich selbst bewegen sollte, mitzudenken, nach eigenen Erfahrungen, Erkenntnissen zu handeln, wird eben noch lange Zeit irgendwelche Leithammel brauchen, die auch gefährliche Verführer sein können. Gerade die werden sich an Menschen richten, die bequem und träge in ihrem Denken sind. Darüber freuen sich eben die, die bestimmen und über sie regieren wollen. Sie bieten ihnen zB. ein paar Kreuzchen an, die sie alle Jahre wieder machen dürfen, zum Zeichen einer gesunden Demokratie. Die Staatsschulen werden von ihnen hochgehalten, die Notengebung, durch die eben ihr Programm, vorgegeben für Schüler und Studierende - Menschen qualifiziert, oder disqualifiziert - von eins bis sechs, sprich : Der bekommt eine 1, der, die andere, die Note 6 ! Viele Eltern schließen sich diesen „ Urteilen “ an, sind stolz auf ihre Blagen, oder klappern mit den Zähnen, wenn aus dem kleinen Bengel, - so, wie es mit ihm steht, - voraussichtlich kein Generaldirektor mehr werden wird. Er schien doch so intelligent zu sein, ihr Kleiner. Eben Pech gehabt.

 

Mein Gott, da lächelte mir jemand vom Weg aus zu, ein junges Mädchen. Die Mutter beschleunigt ihren Schritt. Das sind so die kleinen Sonnenstrahlen, die aus Menschenherzen zu mir fliegen ! Wärmend ; zusätzlich scheint noch oben die Sonne, an die ich denke, auch, wenn sie hinter den Wolken verschwunden ist, oder die andere Seite der Erde beleuchtet. Nein, ich nehme ihnen das nicht persönlich übel, wenn ich so manchem begegne mit seiner Aggression. Da liegt vieles viel tiefer und ich weiß nicht, welch ein Schicksal sie haben und woher das kommt, das in ihren Gesichtern steht. Könnte ich helfen, - denn das ist hier ein Versuch, es zu tun ! - ließen sie sich darauf ein, bestimmte „ Zeichen “ wahrzunehmen, könnte das womöglich eine kleine Hilfe sein. Wir könnten uns näher kommen, was ja auch mit einigen geschehen ist. Ich habe von ihnen viel erfahren, sie vielleicht von mir. Ohne Frage, ich bin froh darüber, daß diese Skulptur entstehen konnte und daß die Aktionen, so, wie es aussieht, sehr gut laufen. In ein paar Jahren wird es deutlicher werden, was damals hier - dort - und drüben geschehen ist ! Auch für die „ Kunstkenner “, die sich so schön verborgen halten und besonders die, die sich darin gefallen, diese Aktion „ totzuschweigen “, diese „ Leute vom Fach “ und Kritiker, die sich in ihrer Rolle vermutlich selbst umarmen.

 

Ich gab ihnen ein Geschenk. Allen. Wer es nehmen will, der kann es haben. Es ist öffentlich, für jeden zugänglich, obendrein sizt der Künstler noch dabei. Das ist mein Angebot, kostenlos für die, die sich hierher bewegen.

 

Aha, ich komme dem so langsam auf die Spur ! -Kosten - sollte es was ! Eintritt müßte ich nehmen, garnicht zimperlich damit sein, ihnen was abzuverlangen. Ein Zaun muß um die Skulptur, ein schmaler Zugang hinein, vor dem sie Schlange stehen. Wer hineinsteigen will, der zahlt extra, das ist doch verständlich, jedem klar. Und die Auserwählten für die Nacht, die bleiben dürfen, bis der Tag anbricht, für die wird es eine Ehre sein, bedeutend mehr zu zahlen, um im Bekanntenkreis dann zu berichten, daß das, was sie taten, garnicht billig war. Lieber IGADiM, Du bist nicht schlau genug ! Sieh nach nebenan, zum Nachbarn, der zwar tiefer wohnt, als ich hier oben, doch eben ein Direktor ist, ein Haus besitzt mit fast neuem blankgeputzten Wagen, die FAZ liest, wie es mir verkündet wurde, als er bei mir war. Möglich, irgendwann, wer weiß das schon, könnte ich ein Konto haben, das in den schwarzen Zahlen steht - Monate, vielleicht sogar einmal Jahre lang. Ich hätte die Skulptur,- unten, unter der Erde, - viel größer bauen sollen, um gemütlich und schön darin zu wohnen, denn die Zeiten könnten für mich schlechter werden. In diesem Leben hätte ich für mich ausgesorgt, wäre eingebunden in die Nachbarschaft, mit einem Schlüssel in der Tasche, Besitzer meines Hauses in Recklinghausen - Süd, direkt neben dem Bürgerhaus. Ich sagte es, mir fehlt die Cleverness. Was dann, wenn ich reich wäre, was würde ich wohl tun ? Ob reich, ob nicht: „ Mich ruft die Kunst ! - Und ich bin da ! “ Geld könnte ich gut gebrauchen, um weitere Skulpturen, Aktionen zu verwirklichen. Daran mangelt es mir, ständig. Das, was ich dem entziehe, dieser Lage, ist, daß ich mir etwas einfallen lassen muß, was da und dort nicht teuer ist, eben wenig an Aufwand kostet. Bei dieser Skulptur, der Luminata Alterna, da hatte ich Glück, da stand was günstig für mich, Geld war zur Verfügung. Einige, die ihre Zustimmung gaben, von ihnen weiß ich inzwischen, sie hätten die lieber nicht gegeben.

 

Wo steckt denn Herr Dr. R. aus Marl, den habe ich hier noch nie gesehen . Was denkt er wohl, daß die Aktion so gut gelaufen - und die Skulptur in Dortmund obendrein noch Fortschritte macht ? Freut er sich darüber ? Das ist hier die Frage. Oftmals eigenartig dieses Spiel. Vor einigen Tagen wurde ich angesprochen, was denn in Marl , von mir vergraben, dort unter der Erde liege ? Er meinte die Skulptur, die im Jahre 2004 ausgegraben werden soll. Darüber sollte mal etwas geschrieben werden, vom Skulpturenmuseum. Ich fragte an, ob nicht ein kleiner Katalog darüber und der dazugehörigen Installation im Keller irgendwann erscheinen könnte ? Nichts ist erschienen. Der Verein „ Kunst und Gesellschaft “ entschied sich zum Kauf einer kleinen Skulptur, die auf dem Marktplatz Marl - Brassert aufgestellt wurde. Das kleine „ i “, aus dem Namen „ IGADiM “, aus rosigem Stahl. Es trägt eine rote Stange, darauf, wie balancierend, eine vergoldete Scheibe, dem „ Goldpunkt über dem kleinen i “. Diese Skulptur steht hoch auf einem Sockel. Am Eröffnungstag stand sie in Verbindung zu einer bestimmten Kunstaktion, bei der ich kleine Goldkugeln an Besucher verteilte, die denselben Durchmesser hatten, wie das Loch in der Mitte der goldenen Scheibe.

 

Ich wohnte fünfzehn Jahre in M., habe dort gewirkt. Diese Stadt ist müde, zumindest, was die Parteileute betrifft, die kulturelle Aktivitäten, so sieht es aus, fast für überflüssig halten und der Jugend die Chance nehmen, aktiv zu sein. „ Die Kaue “ wurde niedergerissen, jetzt schöne Gebäude um den Schacht 8.

 

Ich hatte damals die Initiative „ Rettet die Kaue “ ins Leben gerufen und mit anderen zusammen bei zahlreichen Aktionen für den Erhalt gekämpft. Fast 2 Jahre lang, bis dieses kulturhistorisch wertvolle und außergewöhnlich schöne Gebäude „ bei Nacht und Nebel “ , gegen den Widerstand der meisten Bewohner der Stadt , abgerissen wurde ! Der dortigen vergrabenen Skulptur habe ich Kauen - Unterschriftenlisten beigelegt, die bei der Ausgrabung im Jahr 2004 wieder nach oben, ans Tageslicht, kommen ! Es bleibt das in Erinnerung, was von den sogenannten „ Verantwortlichen “, durch deren Verhalten, so nicht zu verantworten war. Sie bauen darauf, daß vergessen wird ! Immer wieder. Das ist eine große Gefahr, denn die, die ihnen folgen, werden sich darauf berufen. Das geschieht viel zu oft !

 

Mir wird es zu heiß, ich werde mich nach unten setzen, neben den Bauwagen, in den Schatten. Zuvor hole ich mir einen Eisbecher, mit Sahne, aus dem Restaurant. Gegen 16 Uhr rufe ich in Herten an, erkundige mich, ob eine Nachricht kam, vom Kapitän. Wenn nicht, soll das Fax hinaus zu Eduardo Sanguinetti, der bestimmt auf eine Nachricht wartet.

 

Anruf vom Kapitän Peter Kröplin, am 23. 7. 91- um 16 Uhr, in der Kunsthalle Recklinghausen. Der Kapitän gab mir seine Position bekannt, wo die Kiste, mit den Skulpturen, versenkt wird. Breite: 3 ° - 8 Minuten Nord Länge : 29 ° - 11 Minuten West 750 Seemeilen südwestlich der Capverdischen Inseln. In einer Meerestiefe von 3 700 Metern. Die Aktion mit der Goldscheibe, der Schale und der Kanne, fand statt im „ Zenit “ der Sonne, - um 12 Uhr 3, auf dem Schiff. Einen Teil des Gespräches mit dem Kapitän konnte ich nicht verstehen. Er sprach davon, daß er mich nach der Rückreise in Hamburg treffen wolle.

 

Anwesend waren in der Kunsthalle :

 

Christa
R.
W. , der seit 2 Tagen „ trocken “ war, extra keinen Alkohol trank, um bei dieser Aktion dabei zu sein !
Das rechneten wir ihm, die davon wußten, sehr hoch an.
Peter
Ferdinand U.
Dr. Schwalm
Hausmeister Lübbert
Frau B.
Frau Jansen ( Recklinghäuser Zeitung )
Fotograf K.
Frau Höving ( WAZ )
Und ich.

Fotograf, er kam später. -

 

Diesen Text habe ich Clarissa gewidmet.
Wir sahen uns nicht wieder.
 
IGADiM