Vacuum <-> Masse - Von Joesph Beuys (1968)

„ Vacuum <-> Masse “ - Von Joseph Beuys. (1968)

Zu einigen Skulpturen / Objekten, die von uns erworben wurden, möchte ich etwas ausführlicher Stellung nehmen. Vorab zur Skulptur „ Vacuum <-> Masse “, aus dem Jahre 1968. Am Tag der Aktion in Köln, am 14. Oktober 1968, war ich mit X auf einer Geschäftsreise. Gleich am nächsten Tag fuhr ich nach Köln zur Galerie „ art intermedia “. Ich wußte durch die Einladung der Galerie, daß der Künstler Joseph Beuys, tags zuvor, eine Kunstaktion durchführte. Ich ging in den Kellerraum der Galerie und schaute mir die Skulptur an. Von Herrn Helmut Rywelski, dem Galeristen, ließ ich mir den Ablauf der Kunstaktion vom Vortag schildern. Ich spürte, daß hier etwas besonderes geschehen war. Herrn Rywelski, der mich gut kannte, bat ich, diese Skulptur zu reservieren. Ich sagte ihm, daß ich mit X sprechen wolle, um ihn für einen Kauf zu gewinnen. Herr Rywelski erzählte mir später, daß er bei Joseph Beuys nachgefragt habe, ob „ Vacuum <-> Masse “ doch an Privatsammler verkauft werden dürfe, da er, Beuys, diese Skulptur an ein Museum verkauft haben wollte.


Er habe Beuys von mir erzählt, daß er mich gut kenne, als einem Sammler mit Kenntnis und gutem Gespür, der dabei sei, mit X eine Kunstsammlung aufzubauen. Erst dieses Gespräch habe Beuys dazu bewogen, überhaupt einem Verkauf an eine „ Privatperson “ zuzustimmen.

Später trafen X und ich in dieser Galerie mit Joseph Beuys zusammen.

 

Auf dem Bild sind die Personen IGADiM, Herr X, Helmut Rywelski, Joseph Beuys zu sehen.
Auf dem Bild sind die Personen IGADiM, Herr X, Helmut Rywelski, Joseph Beuys zu sehen.

 

Beuys sagte, daß er die Skulptur, wenn sie bei uns aufgestellt sein wird, noch bearbeiten wolle. Für seinen Besuch sollte ich ein bestimmtes Mittel, „ Bostik “, und einen Pinsel bereit halten. Joseph Beuys kam nach H. und strich dort die Skulptur ein.

 


Wir saßen zusammen und er fragte mich, was ich mache, welches meine Interessen seien , worauf ich ihm sagte, daß ich in den letzten beiden Jahren meine Vorstellungen, Ideen, das, was mich beschäftigte, - auf Blättern notiert, skizziert, eben darauf „ festgehalten “ habe. Ob er sich das ansehen dürfe ?


Gerne, sagte ich, die Blätter sind im Keller. Wir beide gingen hinunter in den Raum, in dem eine große Skulptur von mir stand, die ihm gut gefiel. Ich holte die Blätter, überwiegend im Din A 4 - Format, die ich auf den Boden legte. Beide, in der Hocke auf dem Boden, sahen wir uns die Stapel an, Blatt für Blatt.


Beuys hatte dabei viel Geduld und großes Interesse, sprach wenig, sagte : „ Gut, sehr gut !“- „Weit über dem Durchschnitt!“ - und ich empfand, - wie ! - er sich mit jedem der Blätter befaßte, daß erstmals jemand tief in meine Seele blickte, da er das, was es zu sehen gab, gut „ verstand “. Ich beobachtete ihn dabei, kurzum, wir lernten uns an diesem Ort, im dortigen Kellerraum , kennen ! Schließlich fragte mich Joseph Beuys, ob ich zu ihm an die Kunstakademie Düsseldorf kommen wolle ? Ich werde mich die nächsten Tage entscheiden, sagte ich.


Kurz danach bewarb ich mich an der Kunstakademie. Für die Klasse Prof. Joseph Beuys. Ich wurde aufgenommen, schloß das Studium als Meisterschüler ab.

Ohne dieses Zusammentreffen mit Joseph Beuys, - der Anstoß dazu war die Skulptur „ Vacuum <-> Masse “, wäre vieles in meinem Leben wohl anders verlaufen. Diese Skulptur, sie brachte uns zusammen ! Sie ist mit meiner Biographie verbunden.


Ich habe hier bewußt - ich bitte um Entschuldigung ! - ausführlich Stellung genommen, um meine besondere Hinwendung, gerade zu dieser Skulptur, etwas verständlich zu machen. Natürlich ist „ Vacuum <-> Masse “ losgelöst, eigenständig von diesen Vorgängen zu sehen, doch dürfte deutlich geworden sein, daß mit dem Erwerb der Skulptur - und diesem außergewöhnlichen Zusammentreffen, auch an mich eine besondere Aufgabe übertragen wurde: In verantwortungsvoller Weise mit diesem Kunstwerk umzugehen !


Leider konnte ich dem nicht gerecht werden. X trat immer mehr auf den Plan, er beanspruchte die alleinige „ Verfügung “ sowohl über diese Skulptur, wie über alle anderen ! Er schloß mich von Briefwechseln aus, indem er zB. Schreiben vom Guggenheim Museum in New York, die an uns beide adressiert waren, nur noch - ohne daß ich davon wußte - an sich schicken ließ, sodaß ich erst später davon erfuhr, daß er nur seinen Namen, mit seiner Adresse, im Katalog angegeben hatte, obwohl er mir zuvor sehr deutlich sagte, daß er nicht will, daß wir als Leihgeber der Skulptur „ Vacuum <->Masse “ genannt werden sollten ! Ich hatte nichts dagegen, anonym zu bleiben, doch empfand ich sein Vorgehen schlicht gesagt, als eine Unverschämtheit ! Auf der Seite // im Guggenheim Katalog steht : Collection X., H., West Germany.


Joseph Beuys rief mich vor seiner Ausstellung im Guggenheim Museum an und fragte, ob er „ Vacuum <-> Masse “ dafür ausgeliehen bekomme? Selbstverständlich, gerne, wir freuen uns darüber, daß wir dazu beitragen können, ich werde sogleich X informieren, der wird sicher zu - stimmen ! ( Was aber erst nach einigen Auseinandersetzungen der Fall war.) Das Interesse daran, weiterhin mit X die besagte Kunstsammlung auszubauen, hatte ich verloren. Immer wieder versuchte ich zuvor ,ihm interessante Werke verschiedener Künstler , die wir sehr günstig hätten erwerben können, näher zu bringen. Das war ein äußerst mühevolles und wenig erfreuliches Unterfangen. Ich erinnere mich daran, daß X vor vielen Jahren, bei einem Spaziergang im Park, zu mir sagte : „ Man hätte den B. verkaufen und Kunst sammeln sollen “. Ich antwortete nicht darauf, wußte, das das niemals gut gegangen wäre, denn dazu hatte ich inzwischen meine Erfahrungen gemacht

Bei einem Besuch von Joseph Beuys, in H., in Begleitung von Caroline Tisdall, die maßgeblich an der Gestaltung des New York - Kataloges beteiligt war, entfuhr es ihr, in Deutscher Sprache, laut und deutlich, - ihrem Nachbarn am Tisch, Beuys, zugewandt : „ Sag mal Beuys, wie kommt - der - dazu, Kunst zu sammeln ? “ Der Anlaß war, daß X ununterbrochen „ über sich “, von seinem B. redete, überhaupt kein Interesse zeigte, von den Anwesenden am Tisch etwas zu erfahren.


Die 2 Stanhope - Tücher, aus dem Stanhope Hotel in New York.


Ich besuchte Herrn Alfred Schmela in seiner Galerie in Düsseldorf. Er war gerade dabei, eine Beuys Ausstellung vorzubereiten. Er packte vorsichtig ein gelbes Tuch aus, das er an die Wand hängen wollte. Ich fragte, was es damit auf sich habe - und Herr Schmela erzählte mir, daß Beuys in New York war, im Stanhope Hotel übernachtete und über einer Tafel Schokolade eingeschlafen sei. Daher stammen die Schokoladenabdrücke auf den beiden Tüchern, sagte er. Bevor die Tücher auseinander gefaltet waren, sagte ich zu Herrn Schmela : Ich gehe mal eben telefonieren, ich komme gleich zurück !


X rief ich an, ich erwischte „ einen guten Tag, was seine Stimmung betraf “ und überzeugte ihn schließlich davon, daß wir es hier mit einem besonderen Werk von Joseph Beuys zu tun hätten, das wir kaufen könnten und sollten. Dem stimmte er dann zu.

   

Zu dem Galeristen Alfred Schmela,

Düsseldorf.

Er sagte diesen Satz, als ich zum Telefon ging, um von einer Telefonzelle X anzurufen - zu meiner dam. Freundin W.K. :

„Der eine hat das Gespür - der andere hat das Geld“.

In dem Buch : Alfred Schmela - Galerist, Wegbereiter der Avantgarde / Herausg. Karl Ruhrberg, zitiert Frau Monika Schmela ihren Mann :


„ Kunst als Ware -Dieser Gedanke habe ihn nie geleitet, obwohl man, wenn man ein Bild verkaufe, dafür Geld bekomme. Ein Spekulant, so meinte er, solle lieber Immobilien oder Aktien kaufen. Denn Kunst sei eine spirituelle Sache und kein Spekulationsobjekt .“

Heinz Mack, Künstler, sagte über Schmela : „ Es gehört zu den Kriterien des für die Entwicklung der Kunst bedeutsamen Kunsthändlers, nicht korrumpierbar zu sein, über den Tag hinaus seine Entscheidungen zu treffen und das Primat der Kunst über das Kapital zu stellen. Schmela hat das eigentlich von Anfang an gewußt. In diesem Sinne war er ein großer Vermittler zwischen einer spirituellen und einer materiellen Welt.“


Alfred Schmela lernte ich kennen im Jahre 1969, oder 70, in seiner Wohnung in Düsseldorf - Oberkassel. Ich hörte zuvor, daß dort eine Galerie sein sollte - und schellte an der Haustür. Oben öffnete , es war gegen 11 Uhr früh, ein Mann mit Bart, noch im Schlafmantel, recht mißmutig die Tür. Ich fragte ihn, ob ich eintreten dürfe, hatte noch Zweifel, ob ich hier richtig sei - und fragte ihn, ob ich mir die Ausstellung in der Galerie ( es war seine Wohnung ) ansehen könne ? Kommen Sie herein ! Na, dachte ich, für den bin ich bestimmt zu früh, - ein Morgenmuffel ! Ich ging durch die Räume, sah mir Bilder und Skulpturen an. Was hier zu sehen ist, das ist " Weltkunst ", dachte ich. Als ich zur Tür ging, mich bei Herrn Schmela verabschieden wollte, fragte er : " Hat Ihnen was gefallen ? " "Ja ", sagte ich, - " besonders das - und das und das ! ", wobei ich mit dem Finger auf drei Bilder zeigte. Er war sehr überrascht und fragte mich spontan, ob ich mit ihm Tee trinken wolle, dann könnten wir uns unterhalten... Ich blieb ca.drei Stunden. So lernten wir uns kennen.